17. Januar 2009

abendgestaltung, existentialistisch

Es ist Samstag. Es ist Samstag! Sonntag ist frei (für die meisten, Mütter, Krankenschwestern und der Koch im Gastronomiegewerbe einmal ausgenommen…) und deshalb muss man nun etwas erleben. Es ist schließlich Samstag – und da gibt es ein Dekret, das besagt, dass man jetzt gefälligst Spaß zu haben hat. 
Nun sitzen also viele, viele Menschen in ihren völlig langweiligen kleinen Leben und fragen sich: "Was nur, was kann ich heute Abend machen?" So auch ihr.
Diese Sinnfrage stellt sich uns allen, immer wieder, Woche für Woche. (Und ist damit wesentlich dringlicher, als die, die Camus in seinem 'Mythos des Sisyphos' stellte. Sie ist existentiell, nicht existentialistisch.) Wir verzweifeln daran: Mühevoll arrangieren wir ein Treffen mit anderen Unschlüssigen, wir studieren akribisch den Terminkalender des Stadtmagazins oder die Fernsehzeitung, bestellen online ein Ticket für ein vielversprechendes Konzert oder gehen einmal wieder in ein überteuertes Theaterstück… nur um festzustellen, dass wir das alles schon hundertmal gemacht haben. Plus ça change… 
Langweilig. Sisyphossamstage.
Die Hoffnung aber stirbt, bekanntlich, zuletzt. Eine weitere Kneipe, noch mehr Erlebnisgastronomie. Aber auch die Sägespäne auf dem Boden und das stimmungsvolle Kerzenlicht können das wahrlich mittelalterliche an dieser Aktivität nicht verbergen: Dass Sinn und Zweck des Abends sich auf den Alkoholgenuss unter Freunden (oder wen auch immer man letztendlich überreden konnte) beschränkt.
Da wir uns aber alle längst nichts mehr zu sagen haben, uns in- und auswendig kennen, jede Peinlichkeit schon einmal durchlebt haben, ist auch dieser Moment nicht mehr als eine weitere Abfolge generierter Geselligkeit, die sich in all ihrer Vorhersagbarkeit längst abgenutzt hat, beliebig geworden ist. 
Warum also sich nicht zur Abwechslung doch umbringen… – Doch halt! jede Peinlichkeit?
Machen wir uns doch nichts vor: Die gemeinsame dionysische Hingabe an den Alkohol ist Sinn und Zweck der ganzen Veranstaltung, die jeweilige Ausgestaltung des Trinkens, das Ambiente dient nur dazu, dem Verstreichen der Zeit ein wenig auf die Sprünge zu helfen. Warum aber das Ganze nicht ein wenig abkürzen?
Für einen Samstagabend mit Freunden, die man zwar aus- aber eben noch nicht inwendig kennt, einen Samstagabend, der so richtig ins Blut geht, haben amerikanische Teenager jetzt eine Anwendung entwickelt, bei deren sachgemäßer Ausführung sich vielleicht sogar des Herrn Camus' Frage gar nicht mehr stellt:
Falls es nicht hilft: Machen wir es wie Sisyphos – suchen wir uns eine Aufgabe. Seien wir glücklich.

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