26. Oktober 2008

keine kunst

Es ist keine Kunst, einen guten Job zu finden. Nein. Es bedarf guter Vorbereitung – und die basiert, zu allererst, auf ausgiebiger Recherche. 
In Zeiten neuer Technologien, wie zum Beispiel der des Internets (das auch die universitäre Forschung bald entdecken wird und das, so es sich einmal zu einem benutzbaren Medium entwickelt hat, bestimmt auch für die Geisteswissenschaften von Interesse wäre), in Zeiten neuer Technologien bedarf es nicht mehr des mühsamen Grabens in Archiven, um die Zeit effektiv zu vergeuden. Viel effizienter ist es, sich vor den eigenen Internetanschluss zu setzen, und den Leuchtdioden beim Leuchten zuzuschauen. 
Aber natürlich ist es, Student der Geisteswissenschaften, der ich bin, bei mir noch ein bisschen hin, bis sich die Jobfrage realistisch gesehen stellen lässt. Vorher muss ich schließlich noch drei Jahre Berufserfahrung sammeln.
Trotzdem kann man nie früh genug anfangen. Nachdem meine Eltern es versäumten, mir als Kleinkind die Wege in die Kunst zu öffnen und ich jetzt einem völlig mondänen Metier (der Bezeichnung Handwerk nicht würdig) nachgehen. Ich sollte, für meinen Lebenslauf selbst verantwortlich, wenigstens aus den Fehlern vorhergehender Generationen lernen.
Die erste Lehre: Know-How und Qualifikationen sind für Weicheier; wer sich auf das UniCert III Zertifikat Französisch verlässt, hat schon verloren. Zwar wird Sein heute wieder mehr geschätzt als der pure, schöne Schein, aber pur und schön sollte auch das Sein sein und da muss man Einiges für tun, dass das auch so zu sein scheint: Einfach mal selbst Werbung machen, für sich ganz privat und in Öffentlichkeit, Kreativität und Improvisationsskills unter Beweis stellen, Engagement zeigen
Viel wichtiger als die weit überschätzten Soft Skills aber ist Organisation. Kann man gar nicht oft genug sagen. Organisation. Organisation. Organisation. Organisation. Organisation. Organisation. Organisation. Organisation. Organisation.
Um Erfolg zu haben, muss man organisiert sein. Einen Plan haben, wie man die Dinge angeht. Vor allem einen Plan. Planen ist wichtig. Und Exzellenz, Exzellenz auf ganzer Linie. Volle Breitseite, mit ein bisschen Wumm und viel Wahnsinn sich gegen alle eingebildeten Widerstände durchsetzen, morgens um sieben aufstehen, die Financial Times frühstücken, dem Boss ein Baiser oder noch besser ein Blowjob zum Kaffee reichen, die ganze Schiene halt. Auch Frauen können erfolgreich sein, sie müssen nur wollen. Der Wille zum Erfolg. Oder halt willig zum Erfolg. Wie auch immer.
"Glänzen müssen Sie schon, da legen wir Wert drauf; wissen Sie was – gönnen Sie sich das – gehen Sie heute eine Stunde eher und gleich zu Bijou Brigitte. Sie müssen Ihre Assets besser zur Geltung bringen."
Natürlich sollte man die ökonomische Situation, die gesamtgesellschaftliche, nicht außen vor lassen. Auch die politischen Realitäten wollen beachtet sein. Schließlich ist man ja Teil der Gesellschaft, muss sich da auch mal ein Stück weit eingliedern. Es kann ja nicht das Lebensziel sein, hinter einem Schreibtisch zu sitzen und sich von der Rauhfasertapete inspirieren zu lassen (oder doch)?
Also, wenn ich es nochmal überdenke. So, mit und angesichts der Situation. Und der Realitäten.
Vielleicht. Sollte ich doch lieber auf vertrautem Terrain bleiben. Die Konkurrenz mal eben um 50% reduzieren – ach, was sage, um 90% (bei meinem Aussehen und Alter). 
Vielleicht. Sollte ich mir doch lieber einen Mann suchen, ihn von meinen Qualitäten überzeugen – was meist unausweichlich (und oft unwiderruflich) zur Heirat führt – Kinder kriegen, und dann viele schöne Sachen mit ihnen basteln. Das wird bestimmt … Ja. Es gibt ja auch bestimmt wichtigeres im Leben als …
Also, Mittelmäßigkeit wird weithin gerne unterschätzt. Wirklich.

Keine Kommentare: